Eindrücke aus Dortmund

10. Juli 2017

Heinrich Fitger, OV Weichs

SPD-Parteitage sind immer eindrucksvoll. Vier habe ich als Gast erlebt: Bochum (2003), Karlsruhe (2005), Dresden (2009), Dortmund (2017). Du sitzt unter Tausenden von mehr oder minder gleich Gesinnten. Du siehst bei dem vorausgehenden Parteiabend und im Gedränge des nächsten Tages die VIP’s der Partei ganz aus der Nähe, kannst vielleicht mit ihnen sprechen. Du siehst und hörst die Leute, die du sonst nur aus dem Fernsehen kennst, mit eigenen Augen und Ohren und fühlst die Stimmung im Saal. Im Beiprogramm stellen sich innovative Ortsvereine, befreundete Organisationen und Anbieter von SPD-Material vor.

Die Dortmunder Party fand in einem Teil der früher so genannten „Kampfbahn Rote Erde“ statt, einem Sportstadion, auf dessen Namen der Dortmunder OB Ullrich Sierau und Martin Schulz bei ihren Ansprachen gerne Bezug nahmen. Und plötzlich stehen sie neben dir: Erst der Michael und dann der Martin. Beim Michael fallen dir noch ein paar Worte ein; beim Martin bleibt es bei wortloser Überraschung. Ich verbringe den Abend mit einem Genossen aus Potsdam, dem stv. Landesvorsitzenden der AG 60plus in Brandenburg.

Am Sonntagmorgen strömen die Massen zur Westfalenhalle. Ich bin schon registriert, muss mich aber einer langen Schlange anschließen, die – wie am Flughafen – auf verdächtige Mitbringsel gecheckt wird. Vor dem Eingang werden Delegierte und Gäste von einer großen Menge Krankenkassenmitarbeiter empfangen, die mit Plakaten, Trillerpfeifen und Geschrei gegen die Bürgerversicherung protestieren. Vor mir in der Schlange sagt einer: „Die sind aus meinem Wahlkreis und fürchten um ihre Arbeitsplätze.“ In der Halle ist es noch leer. Erst langsam füllt sich das Parket mit Delegierten und der Rang mit Gästen. Schließlich werden es 586 von 600 Delegierten und fast 7000 Gäste sein. Der für 10 Uhr vorgesehene Beginn wird immer wieder verschoben – warum, erfährt man nicht. Schließlich ist es 10.55, als der Parteivorstand und Martin Schulz, umgeben von dem üblichen Fernsehfotografenschwarm hereinkommen. Einzug der Gladiatoren.

Manuela Schwesig, zur Mecklenburgischen Ministerpräsidentin aufgestiegene ehemalige Familienministerin, eröffnet die Versammlung. Nach einigen Formalien geht Gerhard Schröder ans Rednerpult. Er blickt zurück auf die Aufholjagd im Jahr 2005 und sagt: Was damals möglich war, das ist auch jetzt möglich. Nicht nachlassen, sondern kämpfen! Beifall. Dann kommt Johanna Uekermann von den Jusos: „Meine Generation hat Merkel satt!“ Und endlich der mit besonderer Spannung erwartete und mit „standing ovations“ begrüßte Martin Schulz. Er spricht wohl 1 ½ Stunden über sein Programm, geht alle Punkte durch, arbeitet die Unterschiede zur Union heraus, sagt nichts über Koalitionspartner, nichts über die Linken, redet sich in Rage, muss sein Sakko ablegen, fordert mehr Mut, klagt die Ideenlosigkeit der Union an, fordert Abrüstung und allgemeine Begrenzung von Waffenexporten. Riesiger Beifall. Er endet mit der sozialdemokratischen Sendung für ein besseres Europa. Dem Thema seines Lebens. Whow. Ja, das könnte etwas werden im Herbst. Jetzt haben alle Lust auf Essen und Trinken. Der Saal leert sich. Die Antragsberatung beginnt vor halbleeren Delegiertenreihen. Die zu Beginn verlorene Stunde ist nicht mehr einzuholen. Manche Anträge gehen noch durch. Viele Redner kommen nicht mehr zu Wort. Schade, das war jetzt nicht sehr demokratisch, finde ich.

Bei der Schlussabstimmung gibt es nur noch ganz wenige Gegenstimmen. Wir haben ein Programm. ein gutes Programm, mit dem wir am 24.09. Erfolg haben sollten. Jetzt sind wir alle gefragt, dies Programm unseren Familien, Freunden, Kollegen und Nachbarn nahe zu bringen.

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