Liebe Freunde und Freundinnen,
ich habe schon manche SPD-Parteitage mitgemacht, aber der gestrige, den ich fast fünf Stunden lang ununterbrochen über Phönix verfolgt habe, war doch ein besonderer. Die Partei war tief gespalten. Die Redner beider Seiten liefen zu Höchstform auf. Aber ich habe auch gelangweilte, blasierte, höhnische Gesichter gesehen. Die Kritiker hatten natürlich in vielen Punkten recht. Ja, all das wollen die meisten anderen auch. Aber woher nehmen wir die Macht dazu?
Die Wähler haben uns nur 20,5 % ihrer Stimmen gegeben, zu wenig für System- veränderungen. Aber ausreichend, um die Union, die allein nicht regieren kann, zu Zugeständnissen zu zwingen und hoffentlich noch zu weiteren. Ich sehe Spielraum bei der Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen, denn die will der Arbeitnehmerflügel der CDU auch. Ich sehe auch Spielraum bei der Erhöhung der ESt-Sätze für die oberen Einkommensschichten. Die beträfe relativ wenig Wähler- stimmen, aber wahrscheinlich größere Summen an Parteispenden, auf die die Union angewiesen ist. In Richtung Reform der Krankenversicherung wird sich nicht mehr erreichen lassen; das würde die Wählerschaft der Union nicht mitmachen. Beim Familiennachzug wird sich sicher noch etwas bei den brutal niedrigen Monats- zahlen erreichen lassen, hoffentlich auch bei den Zugangskriterien. Vielleicht sollte man beim Grad der bisher erreichten Integration des Flüchtlings ansetzen? Vielleicht bei dem Grad des Elends, in dem die Familie sich befindet? Die Anzahl der Sachbearbeiter in den deutschen Botschaften müsste sich doch erhöhen lassen.
Die Verhandlungen über diese Themen und weitere Details des Sondierungspapiers sollen noch im Lauf dieser Woche beginnen. Niemand weiß, wie lange sie dauern werden. Unser Einfluss auf Ablauf und Ergebnisse ist minimal. Die Schwachstellen sind alle ausreichend benannt worden, denke ich. Wir werden erst wieder gefragt, wenn ein Abschlusspapier vorliegt. Sobald das der Fall ist, werden wir uns wieder zu einer Mitgliederversammlung treffen, um das Ergebnis zu diskutieren und zu bewerten.
Vorerst müssen wir uns auf den bayerischen Wahlkampf konzentrieren, der bei uns bereits am 7. Februar mit der Veranstaltung zur ökologischen Landwirtschaft beginnt. In der Vorstandssitzung am 25.01. wird dies Thema weiter behandelt.
Freundschaftliche Grüße
Heinrich Fitger